Kreuzwegandacht der Kolpingsfamilie Ketsch in St. Sebastian
Jesu Leiden und Sterben zu betrachten und in Bezug zur heutigen Zeit zu setzen – dazu hatte die Kolpingsfamilie in der Karwoche nach St. Sebastian eingeladen.
Dabei sollte weniger die österliche Gewohnheit im Vordergrund stehen, sondern vielmehr das Wissen um Leid und Gewalt in der Welt, das Spüren menschlicher Grenzen und die Sichtweise, mit Jesu über den Abgrund des Todes hinaus zu gehen.
Grundlage der diesjährigen Meditation war dazu die Kirche St. Valentin in Limbach/Odenwald. Nach einem Brand im Jahr 2003 entstand ein Neubau, der die erhaltenen historischen Teile aus dem Mittelalter und der Barockzeit harmonisch in ein spannungsreiches Ganzes einbezieht. Von besonderer Wirkung ist die ganz ungewöhnliche Lichtgestaltung. Die in Essen lebende Künstlerin Gabriele Wilpers hat ihre Gedanken mit der Nutzung der Fensternischen als Bildraum für Objektgestaltung für den Kreuzweg umgesetzt.

Beim ersten Hinsehen schwer verständlich, eröffneten Helga Reys Ausführungen den Betrachtern eine ganz besondere, faszinierende Bildqualität. Ein dreidimensionaler Dornenzweig, eine entwurzelte Rose als Sinnbild für den beginnenden Leidensweg, die Verbindung des Kosmos mit der Erde steht für die erste Station im Garten Gethsemane, wo Jesus in Todesangst gebetet hat.
Das Röntgenbild einer Dornenkrone und Instrumenten aus der Intensivmedizin – symbolisieren das Leiden der Menschen in dieser Welt – dazu ein Kreuz, das einen goldenen Schatten wirft – die von Gott geschenkte Lebenszeit wieder spiegelnd.
In den weiteren Fenstern – sprich Stationen – dominiert immer wieder flammendes Rot. Die Farbe der Liebe und des Lebens, der Energie, aber auch vergossenen Blutes. Die Verästelungen des menschlichen Herzens ins Glas eingewirkt, durch einen weißen Riss gewaltsam geteilt – bitterer Mutterschmerz Mariens, die sich dem Unabänderlichen fügen musste, ausdrückend.
Die Künstlerin lässt das Kreuz in ihren Fenstern zum Symbol der Verbindung extremer Gegensätze werden – mit Bildern von Menschen in Not, und doch auch Solidarität mit Leidenden. Berührend die Darstellung der Veronika, die mit zärtlichen Händen Jesus das Schweißtuch reicht.
Bemerkenswert auch „Jesus wird von Kreuz genommen“ – zu der Kontur eines spätgotischen Vesperbildes wurde auf beklemmende Weise das Bildnis eines in Ruanda ermordeten Menschen eingefügt.
Einfühlsam umrahmte Annette Meixner die Stationen musikalisch mit meditativen Klängen und begleitete die dazu gesungenen Lieder.
Bewegende Fürbitten spannten den Bogen in die Gegenwart – menschliche Ohnmacht und Hilflosigkeit damals wie heute ! Trauer, notwendiges Mitgefühl und Anteilnahme, Solidarität und Mut, Idealismus und Einstehen für gesellschaftliche Werte und Herzenswärme.
Von der Grablegung Jesu im letzten Bild geht ein ungebrochenes weißes Licht aus. Damit blickt die Künstlerin bereits auf Ostern, möchte das überirdische Osterlicht einfangen. Die Endgültigkeit des Todes wird in das lebendige Licht Gottes gewandelt….
Die tiefe Spiritualität dieser Kreuzwegandacht ließ die Anwesenden in besonderer Weise berührt den Heimweg antreten – jeder für sich als ein Anderer wie er gekommen war….
M.F.