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Johann Schütte

Wer immer schon wissen wollte, warum in Brühl eine Straße „Luftschiffring“ heißt und ein Krankenhaus in Mannheim „Heinrich Lanz“, der war am Donnerstagabend beim Vortrag Winfried Höhns vom Verein für Heimat- und Brauchtumspflege Brühl/Rohrhof genau richtig. Eingeladen wurde von der Kolpingsfamilie Ketsch.

Deren Vorsitzender Dieter Rey freute sich, eine große Besucherzahl begrüßen zu können. „Was Sie heute hören werden“, sagte er, „hat viel mit unserer Region und den hiesigen Pionieren der Luftfahrt zu tun.“

Der Vortrag über den „Luftschiffbau in der Kurpfalz“ und die Bilder, die Winfried Höhn auf der Großleinwand zeigte, ließen eine außergewöhnliche Zeit in der Geschichte der Region wieder aufleben. Sie erzählten von einem Abenteuer, das so alt wie die Menschheit ist: dem Trau

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Karl Lanz

m vom Fliegen. „Klar“, sagte Höhn, „die Zeppeline wurden früher gebaut. Doch die technischen Ausführungen in Brühl waren überlegen.“
Visionären wie Johann Schütte und Karl Lanz sei dies zu verdanken. Mit Mut, Einfallsreichtum und natürlich dem nötigen Kleingeld ist es ihnen gelungen, Luftfahrtgeschichte zu schreiben. „Die Zusammenarbeit Johann Schütte mit dem wohlhabenden Mannheimer Unternehmer Heinrich Lanz ergab sich eher zufällig“, erzählte der Referent den aufmerksam lauschenden Zuhörern. „Von Beginn an hatten beide den Bau der Luftschiffe verfolgt. Es war das Unglück 1908 bei Echterdingen, das die Aufmerksamkeit des Schiffbauingenieurs Schütte aus Danzig auf sich zog.“ Er machte Verbesserungsvorschläge, da jedoch keine Reaktionen kamen, beschloss er, selber ein Luftschiff zu bauen.
Einen Gleichgesinnten, vor allem aber Geldgeber, fand er in Heinrich Lanz, „der der reichste Mann in Baden war“. 1909 wurden dann „vor den Toren Mannheims“, in Brühl, große Hallen gebaut und darin Luftschiffe, deren Gerippe aus Sperrholz gefertigt wurden. „Häufig wird als Ortsangabe Mannheim-Rheinau für die Firma Schütte-Lanz angegeben. Dies wird der Lage allerdings nicht gerecht“, sagte Höhn, „sie lag zweifelsfrei auf Brühler Gemarkung.“
Notlandung bei Jungfernfahrt
Am 17. Oktober 1911 war es dann so weit: Das SL 1 hob zu seinem ersten Flug ab. „Am Seitensteuer saß Georg Christians, dessen Tochter, Helga Schenk, noch heute in Schwetzingen lebt“, weiß Höhn und auch, dass tausende Schaulustige beim Abheben zugegen waren. Das Luftschiff kam aber nicht sehr weit und musste notlanden. Nach weiteren 53 Probefahrten wurde es für 550 000 Mark an das Heer verkauft.

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Die Aufnahmen, die Höhn zeigte, dokumentierten die aerodynamische Form dieser „fliegenden Zigarren“ und ihre für die damalige Zeit außergewöhnliche technische Ausstattung. Auch eine Postkarte aus Königs Wusterhausen, wo sich eine Zweigstelle der Schütte-Lanz-Werke befand, zeigte Höhn, auf der sich das im Kegellicht der Suchscheinwerfer längliche Luftschiff vom Himmel abhebt. „Das ist eine geschichtliche Rarität“, sagte Höhn und die Leihgabe einer Brühler Familie. Im Ersten Weltkrieges förderte das Kriegsministerium den Luftschiffbau in Brühl.
Die Geschichte dieser ungewöhnlichen Zusammenarbeit zwischen Schütte und Lanz, ihre Höhen und Tiefen lockerte Höhn mit lustigen Anekdoten und Geschichten auf. Dabei erwähnte er auch eine leider, wie er sagte, wenig beachtete Fliegerin, die im Zweiten Weltkrieg mit über 2500 Sturzflügen die Leistungen jedes anderen Piloten übertroffen hat: Die Rede ist von Melitta Schenk, der Schwägerin des Grafen Stauffenbergs, berühmt geworden durch das Hitlerattentat von 1944.
Zugehörige Chronik
Und wer nach diesem informativen Vortrag noch mehr wissen wollte, konnte die Broschüre „Die Chronik der Firma Schütte-Lanz 1909 bis 1999“ erstehen oder sich mit Fragen an Winfried Höhn wenden.

Bericht: Maria Herlo, Schwetzinger Zeitung